In deinem Alter bei der FDP?

Ein Beitrag von Alina Michl (22 Jahre & FDP Mitglied)

In deinem Alter Als ich im Herbst mit meiner Nachbarin über meinen Studienbeginn sprach, erwähnte ich auch, ich wolle der FDP beitreten. Blitzschnell fragte sie da: „Du bist doch so jung! Bist du sicher dass du nicht zu den Grünen willst?“. Natürlich hatte ich mir bereits Gedanken über meine Motive gemacht, weswegen ich ihr die wichtigsten erklärte. Damit erlangte ich dann ihr Verständnis. 

Für mich ist die FDP durchaus eine fortschrittliche Partei. Ihr politisches Angebot richtet sich nicht minder an junge Menschen als das anderer Parteien. Zum Beispiel sind die Ideen und Vorschläge der FDP für den Umweltschutz innovativ und realistisch. Was mir als junger Frau allerdings gerade im Moment besonders wichtig erscheint, sind Werte wie Verantwortung des Einzelnen, Freiheit und das schöne Adjektiv „liberal“. Weshalb? Lieber lebe ich in einer Gesellschaft, in der es Konsens und Dissens gibt, Streit um Ideen, in der Widersprüche nebeneinander existieren dürfen und in der es offene Diskurse gibt, wie ich es seit meiner Kindheit kenne, anstatt mich Bewegungen anzuschließen, die Menschen eine bestimmte Sprache aufzwingen wollen, nur wenige Meinungen als „salonfähig“ erachten und zunehmend die Rolle des Sprechers thematisieren. 

Außerdem schätze ich es als Individuum gesehen zu werden. Deshalb lehne ich es ab, mich als Teil eines Kollektivs aufgrund einer beliebigen Identität zu fühlen. Menschen aus der FDP zuzuhören hat mir in den letzten Monaten geholfen zu verstehen, was Verantwortung und Autonomie für einen Menschen, der an der Gesellschaft partizipiert, überhaupt bedeuten. Es ist aktuell zu beobachten, dass bestimmte Grundpfeiler unserer Demokratie über Themen wie Infektions- und Klimaschutz neu verhandelt werden. Hierbei ist die FDP in ihrer Tradition als Bürgerrechtspartei involviert und ihr kommt die Rolle zu, den hohen Wert der Freiheit in Debatten, die geführt werden müssen, zu verteidigen. 

Weil Freiheit und ein liberales Miteinander für mich und meine Zukunft wichtig sind, wähle ich bei der Bundestagswahl 2021 die FDP. Jedoch hätte das in meinem persönlichen Umfeld vor sechs Jahren, als ich 16 war, wohl niemand vermutet. Aus meiner damaligen Realität, die von „selektiver Toleranz“, dem Glauben an den Kommunismus und Identitätspolitik geprägt war, sind mir die Ressentiments gegen die Liberalen aus eigener Erfahrung bekannt. Heute noch erfahre ich dieselben in Gesprächen wie dem mit meiner Nachbarin, aber durchaus auch mit Gleichaltrigen, die eher rot oder grün wählen. 

Sprechen wir über die Vorwürfe. Das bevorzugte Argument gegen die Partei meiner Wahl, welches ich selbst früher gerne unbedacht übernahm, lautet: „Die FDP ist doch eine bloße Wirtschaftspartei und dient nur den Wohlhabenden“. Diese Aussage beinhaltet zunächst drei Aspekte: die negative Konnotation des Begriffes „Wirtschaft“, die Behauptung wir hätten keine anderen Themen (hier empfiehlt sich der Blick in das Wahlprogramm) und zuletzt ein Vorwurf, den man anderen Parteien umso mehr machen könnte. Dennoch ist er oftmals den Liberalen gegenüber vorbehalten und ich frage mich, ob die Debatten über Billigflüge und Einfamilienhäuser denn alle erreichen, und ob sich einige überhaupt dessen bewusst sind, wen eine solche Politik bedient und wen sie in der Existenz trifft. 

Abgesehen davon lässt sich noch zum ersten Aspekt, der negativen Bewertung von „Wirtschaft“ oder in Anlehnung daran „Wohlstand“, sagen: Wer die (soziale) Marktwirtschaft ernsthaft ablehnt, muss meiner Meinung nach ein Narr sein, denn ohne sie wäre die individuelle Entfaltung und der Ideenreichtum in unserer Gesellschaft gar nicht erst möglich. Wenn es nur darum geht, dass alle gleich viel haben sollen, bleibt zum einen der Anreiz for den Einzelnen aus, sich mit den eigenen Stärken einzubringen.  Zum anderen ginge damit auch viel Freiheit und Selbstverantwortung verloren. 

Um den Zusammenhang von Wirtschaft und Freiheit zu verstehen, muss man sich nur am Beispiel der DDR orientieren. Auch unter dem allseits beliebten Aspekt der Umweltfreundlichkeit könnte man sich die Frage stellen, wo es der Natur nach dem Fall der Mauer besser ging: in der kapitalistischen BRD oder der einstmals planwirtschaftlich organisierten DDR? Es hat Jahre und zahlreiche Investitionen aus Westdeutschland gebraucht, um die Luftverschmutzung und die vergifteten Gewässer im Osten zu reinigen. 

Womit wir beim nächsten Punkt sind: „Ihr interessiert euch doch kein bisschen für Klimawandel und Umweltschutz.“. Dieser ist schlichtweg falsch. Schon klar: Die Grünen haben es im Namen, das Engagement für die Umwelt. Doch das schließt nicht aus, dass auch andere Parteien das Engagement für unseren Planeten auf ihrer Agenda haben. Ganz besonders die FDP, die ihn als erste Partei in den 1970er Jahren in ihr Wahlprogramm aufnahm, bevor es ein gewisses Bündnis 90 überhaupt gab. Das wissen viele in meinem Alter nicht mehr, aber dass sich die FDP mit solchen Themen beschäftigt, scheint auch aus anderen Gründen viele nicht zu erreichen. 

Vielleicht sollten wir jungen Leute unsere politischen Haltungen nicht nur aus den unterhaltsamen satirischen Liedern von Extra 3 oder überspitzten Tweets zusammenpuzzeln, sondern zur Abwechslung Debatten aktiv verfolgen und Wahlprogramme lesen? Denn dann hört man, wie häufig Christian Lindner und andere Mitglieder tatsächlich den Klimawandel thematisieren. Und dann hört man auch die Argumente, weshalb man eher auf Innovation als auf Sanktion setzen sollte. Ich kann es nur empfehlen sich die Ideen der Liberalen, auch zu anderen Themen, mithilfe des neuen Wahlprogramms zu Gemüte zu führen. Und sollte das den Einzelnen nicht überzeugen, ist das in Ordnung. Wer Demokratie richtig verstanden hat, weiß, dass es nicht die eine erhabene Partei oder Meinung gibt. Es wäre schön, wenn in dieser Überzeugung auch enthalten wäre, dass die FDP als liberale Kraft weitaus mehr sein kann, als ihr von ihren Kritikern zugeschrieben wird. Vielleicht konnte ich hiermit auch Missverständnisse, die im Umlauf sind, ein Stück weit aufklären. Die eingangs angeführte Frage meiner Nachbarin möchte ich mit der Aussage beantworten: 

„Ja, ich bin mir mit der FDP sicher. Gerade weil ich jung bin!“